Geschichte der Kolpingsfamilie Eppingen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es an der Tagesordnung, dass die Handwerksgesellen nach der Lehre auf Wanderschaft gingen, bei verschiedenen Handwerksmeistern arbeiteten und so eine breiteBerufserfahrung sammeln konnten. Dieses Leben war jedoch hart und entbehrungsreich: Sie arbeiteten in der Regel zu schlechten Bedingungen, lebten am Rande der Gesellschaft und waren ohne sozialen Halt.

Die von Gregor Breuer und Adolph Kolping initiierten Gesellenvereine boten den wandernden Handwerksburschen in vielen Städten Unterkunft, Verpflegung, Kontakt zu Gleichgesinnten und religiös-soziale Unterstützung. Auch durch den Kraichgau zogen damals viele wandernde Gesellen. So fassten im Jahre 1923 der Blechner Oskar Lang und der Störungssucher Philipp Häffner gemeinsam mit dem damaligen Pfarrverweser Alfons Nörber die Gründung eines Gesellenvereins ins Auge. Zur Gründungsversammlung am 30. Januar 1923 kamen in der Gaststätte „Zum Rössle“ 18 junge Männer zusammen. In den Folgejahren bekam der „Katholische Gesellen- und Jungmännervereins Eppingen“ mit dem neuen Stadtpfarrer Emil Thoma einen Gönner und Lenker. Die Gemeinschaft nahm in den 1920er Jahren an mehreren Gesellentagen in Karlsruhe, Mannheim oder Sinsheim teil und führte mit der eigenen Laienspielgruppe mehrere Theaterstücke auf. 1927 verzeichnete der Jungmännerverein bereits 70 Mitglieder.

Mit der Machtübernahem der Nationalsozialisten 1933 wurde der Verein verboten, das Vermögen beschlagnahmt und die öffentliche Tätigkeit untersagt. Durch das beherzte Einschreiten von Präses Emil Thoma uns Senior Oskar Barth konnte verhindert werden, dass die Chronik, das Banner und die Kolping-Büste aus Sandstein eingezogen wurden. Sie hatten die Sachen rechtzeitig in der sicheren Kirche untergebracht. In den Jahren 1933 bis 1945 kam das Vereinsleben völlig zum Erliegen. Emil Thoma wurde für seinen Einsatz für Verfolgte und die Sache der Kirche von 1941 bis 1945 im Konzentrationslager Dachau interniert.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war es der wieder nach Eppingen zurückgekehrte Stadtpfarrer Thoma, der die Wiederholungsgründung des Jungmännervereins initiierte und dem neu erstarkten verein Räumlichkeiten im Obergeschoss des katholischen Kindergartens organisierte. Am 7. Dezember 1947 erfolgte die offizielle Aufnahme in das Stammbuch der Deutschen Kolpingfamilie mit Sitz in Köln. In den 1940er und 1950er Jahren blühte das Vereinsleben. Neben Theateraufführungen, Kegelrunden, Faschingsveranstaltungen und Vorträgen spielte bei den wöchentlichen Treffen der jungen Männer auch immer der Austausch und die Geselligkeit eine wichtige Rolle. Im Jahr 1957 erlebte die Jugendarbeit der Kolpingsfamilie einen deutlichen Aufschwung, da sich die örtliche BDKJ-Gruppe in einer bewussten Entscheidung auflöste und anschließend gänzlich in der Kolpingsfamilie aufging. Dies war in erster Linie einer Grundsatzentscheidung aus Köln geschuldet, da man hier eine offizielle Jungkolpingorganisation initiierte.

In den 1960er Jahren entwickelte die Kolpingsfamilie unter der Leitung von Franz Petschl ein breites Fundament im Bereich Jugendarbeit. Jugendzeltlager und Auslandsfahrten sowie wöchentliche Gruppenstunden bescherten der Kolpingfamilie einen regen Zuwachs an jungen Mitgliedern.

1964 erwarb die Kirchengemeinde ein Gebäude in der Talstraße. Die Kolpingfamilie konnte sich hier in den Kellerräumen einrichten. Mit viel Hingabe und Eigenarbeit schafften sich die Kolpinger hier ihr Vereinsheim. Auch der Bereich Familienarbeit wuchs zusehends. Mit Familiensonntagen, Nikolausfeiern und Ausfahrten wurden generationenübergreifende Angebote geschaffen. 1967 wurden zudem erstmals Frauen als vollwertige Mitglieder der Gemeinschaft aufgenommen.

In den 1970er Jahren erlebte die Eppinger Kolpingsfamilie einen wahren Mitgliederboom. Franz Petschls Engagement für die Jugendarbeit machte sich bezahlt und eine Vielzahl der heute aktiven Köpfe fand in dieser Zeit über die Teilnahme an Jugendzeltlagern und Auslandfahrten ihren Weg zu den Kolpingern.

Weiterhin gab es auch in dieser Zeit Angebote für junge Familien, Faschingsveranstaltungen und ein breites Bildungsangebot. Auch der gemeinsame Sport war in dieser Zeit ein wichtiges Thema, so dass die Kolpingkicker in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren sehr erfolgreich an zahlreichen Gerümpelturnieren teilnehmen konnten.

1983 traf die Vorstandschaft in einer kontroversen Debatte die Entscheidung, das Gelände des ehemaligen Eppinger Freibades, das heutige Freizeitgelände, von der Stadt zu pachten. Unter der Federführung von Ernst Wieser schafften sich die Kolpinger hier ein herrliches Sommerdomizil, das auch von Beginn an der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stand. Mit dem zusätzlichen neu gegründeten „Freizeitwerk der Kolpingfamilie e.V.“ schaffte man auch die rechtlichen Voraussetzungen zum Betrieb des Geländes.

Nicht zuletzt dem Freizeitgelände ist der Aufschwung der Familienarbeit in den späten 1980er und 1990er Jahren geschuldet. Neben Jugendfreizeiten standen in dieser Zeit auch lange Familienzeltlager auf dem Jahresprogramm.

Die zunehmende Mitgliederzahl und der Umstand, dass man mit dem vereinsheim in der Talstraße und dem Freizeitgelände am Ortsrand gleich zwei Anlagen zu betreuen hatte führten im Zuge einer Zukunftswerkstatt im Jahr 2005 zu einer regen Diskussion über einen Neubau eines vereinsheims auf dem Freizeitgelände. Nach langen Diskussionen und Abwägungen begann das Projekt „Kolpingheim“ mit dem Spatenstich im Jahr 2006. Fast nahezu in Eigenarbeit schafften die inzwischen gut 350 Mitglieder aller Alterstufen das Unglaubliche: Im Juli 2008 wurde das neue Kolpingheim mit einem festlichen Gottesdienst und einem Tag der offenen Tür eingeweiht. Auch das Freizeitgelände erfuhr mit der Erneuerung des Kinderschwimmbeckens und dem Bau eines Badehauses sowie einem Beachvolleyballfeld eine entsprechende Aufwertung.

Heute steht das Kolpingheim allen Mitgliedern gegen einen Unkostenbeitrag für Feierlichkeiten zur Verfügung und ist auch sonst rege mit Leben gefüllt. Von der Krabbelgrubbe bis zur Seniorengruppe 60plus gibt hier an fast allen Tagen der Woche ein Zusammenkommen der Kolpinger. Im Sommer nutzen außerdem viele Einheimische und auch Gruppen wie zum Beispiel Schulklassen die Möglichkeit das Badehaus und die Grillstelle im unteren Bereich des Geländes zu mieten. An schönen Tagen betreut die Kolpingfamilie zudem den Badebetrieb und einen kleinen Kiosk. Das Freizeitgelände erfreut sich bei Alt und Jung großer Beliebtheit und es ist klar, dass die Zusammenführung von Vereinsheim und Freizeitgelände der richtige Schritt für die Zukunft der Kolpingfamilie Eppingen war.

Impressionen vom Zeltlager der Kolpingfamilie Eppingen 2015 in Weitnau